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Historisches

Historie des Amtsgerichts Alfeld (Leine)

Die Geschichte des Amtsgerichts Alfeld begann am 1.10.1852. An diesem Tag trat im Königreich Hannover die "Große Justizreform" in Kraft. Durch sie wurden Rechtssprechung und Verwaltung getrennt. Damit nahm das Amtsgericht Alfeld seine Tätigkeit als eigenständige Institution der Justiz auf.

Diese Unabhängigkeit des Amtsgerichtes von der Verwaltung wurde allerdings in Alfeld bis zum Jahre 1900 nicht nach außen dokumentiert, denn das Amtsgericht verblieb bis zu diesem Zeitpunkt in den Räumen des Alfelder Rathauses. Der Bezirk des Amtsgerichts Alfeld umfasste fast den ganzen Altkreis Alfeld bis auf die Orte Capellenhagen, Fölziehausen, Duingen und Weenzen, die zum Amtsgericht Lauenstein gehörten.
Das Amtsgericht wurde schon 1852 mit zwei Abteilungen ausgestattet und mit zwei Richtern besetzt, die dienstags und freitags Sitzungen abgehalten haben. Wegen der großen Entfernung nach Lamspringe gab es auf Wunsch des Amtes Lamspringe dort auswärtige Gerichtstage des Amtsgerichtes Alfeld.
In dem umfassenden Werk "Die Geschichte des Kreises Alfeld" von Paul Graff findet sich eine Namensliste von Alfelder Richtern aus der Zeit von 1852 bis 1924:

Meyer, Cludius, Leonhardt, von Düring, von Zwehl,
Erxleben, von Reck, Francke
seit 1886 Fresenius, seit 1904 Dr. Düsterdiek,
von Buch, seit 1920 Dr. Caspar.

Diese Namensliste kann für die Zeit danach mit der Liste der Oberamtsrichter, später Direktoren wie folgt fortgesetzt werden:

Wiesener, Stiegemeyer bis 1967, Dr. Spiller bis 1975,
Seitz bis 1982, Roffmann bis 1996, Reichert bis 2010, Dr. Jung-Lundberg

Ab dem Jahre 1897 begann die Planung für das neue Gebäude des Amtsgerichts in der Kalandstrasse/Ecke Bismarckstrasse schräg gegenüber dem ehemaligen Alfelder Gymnasium, heute Erich-Kästner-Schule. Die Bauzeichnungen aus dem Jahre 1899 befinden sich inzwischen wieder im Besitz des Amtsgerichts. Sie waren nach dem Krieg nicht auffindbar. Erst 1975 wurden sie auf dem Dachboden der Staatsanwaltschaft Hildesheim gefunden. Ein Staatsanwalt brachte die Mappe zur Sitzung mit nach Alfeld. Aufmerksam geworden auf diesen wichtigen Fund, beanspruchte dann das Staatshochbauamt, jetzt das Staatliche Baumanagement, die Originalzeichnungen. Mit Rücksicht auf das Jubiläum "125 Jahre Amtsgericht Alfeld" im Jahre 1977 kehrten die Zeichnungen aber nach Alfeld zurück.

Das für die damalige Zeit sehr großzügige und repräsentative Gebäude mit großen Buntglasfenstern ist äußerlich unverändert geblieben. Im Innern spiegelt es alle Veränderungen der Justiz wieder. Während zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die Amtsrichterdienstwohung einen großen Teil des Erdgeschosses ausmachte und 1978 ein zweiter Sitzungssaal eingerichtet wurde, wird heute jeder Raum einschließlich des ausgebauten Dachgeschosses genutzt, um Arbeitsplatz für 4 Richter und 35 Mitarbeiter zu schaffen. Zuletzt schlossen im Jahre 1999 insgesamt 270 Meter Kabelschächte und mehr als 10 Kilometer Kabel das Amtsgericht Alfeld an den neuen Standard der Arbeitsweisen in der Justiz.

Aus einer der ersten Sitzungen des Amtsgerichts Alfeld im neuen Gebäude stammt die vom Kreisheimatpfleger Kraus entdeckte Gerichtsberichterstattung über eine Schöffengerichtssitzung vom 6. Oktober 1900:

Gerichtszeitung 6. Oktober 1900
Schöffengericht

Die Zimmergesellen August A. und Wilhelm B. in Dorste, früher Freden, waren angeklagt, am 1. August d. J. in Klein Freden gemeinschaftlich eine Quantität Bretter und drei Säcke der Gewerkschaft Hohenzollern in der Absicht rechtswidriger Zueignung weggenommen zu haben. Das Verfahren mußte wegen Vernehmung weiterer Zeugen ausgesetzt werden. - Der Dienstknecht Wilhelm C. in Groß Freden war angeklagt, in der Nacht vom 1. zum 2. August d. J. zu Groß Freden den Dienstknecht Heinrich D. mittels gefährlichen Werkzeugs vorsätzlich körperlich mißhandelt zu haben. Der Angeklagte wird für schuldig befunden und zu vier Monaten Gefängnis bestraft . - Der Tischlermeister August E. in Föhrste hatte gegen eine Strafverfügung des Landratsamts in Alfeld, durch welche er beschuldigt wurde, am 4. August d. J. auf dem Hofe des Kaufmanns F. in Alfeld eine Lokomobile aufgestellt und in Betrieb gesetzt zu haben, ohne vorher dem Magistrat in Alfeld Anzeige davon gemacht zu haben, auf gerichtliche Entscheidung angetragen. Wegen mangelnden Beweises wird der Angeklagte freigesprochen . - Der Bierfahrer Carl G. in Alfeld war angeklagt, durch zwei selbstständige Handlungen und zwar am 14. August d. J. 5 M 50 Pf und am 19. August d. J. 5 M, die ihm anvertraut gewesen seien und die er an den Brauereibesitzer Fricke in Alfeld abzuliefern gehabt habe, sich rechtswidrig zugeeignet zu haben. Der Angeklagte wird für schuldig befunden und zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt. - Der Hausknecht Heinrich I. aus Stadtoldendorf, früher in Alfeld, zur Zeit hier in Haft, war angeklagt, durch mehrere selbstständige Handlungen 1.) im Sommer vorigen Jahres sich bei der Wittwe J. in Föhrste als Knecht vermietet, 3 M Mietgeld angenommen und den Dienst nicht angetreten zu haben, 2.) am 16. September vorigen Jahres 5 M für eine Flasche Kohlensäure, die er an den Kaufmann K. in Alfeld abzuliefern hatte, sich rechtswidrig zugeeignet zu haben, 3.) am 2. Januar d. J. das Vermögen des Drechslermeisters K. in Alfeld unter Vorspiegelung falscher Tatsachen um 3 M beschädigt zu haben, 4.) am 2. Januar d. J. dem Fabrikarbeiter Wilhelm L. in Alfeld einen Gehstock und 45 Pf in der Absicht rechtswidriger Zueignung weggenommen zu haben. Der Angeklagte wurde in allen Fällen für schuldig befunden und zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt.

Am 7. Oktober 2000 führte das Amtsgericht Alfeld aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Gerichtsgebäudes einen Tag der offenen Tür durch. Fast 600 Bürger haben mit Interesse an Sitzungen in Zivil-, Familien- und Strafsachen sowie an einer Zwangsversteigerung teilgenommen. Die große öffentliche Resonanz hat deutlich gemacht, wie sehr das Amtsgericht in der Bevölkerung anerkannt und verwurzelt ist.

Schmuckgrafik Historisches Gerichtsgebäude (zum Artikel Historisches) Bildrechte: AG Alfeld

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